„es war einmal. heute“

„es war einmal. heute“
Bilaterale Konferenz Jugend im Fokus der deutsch-griechischen Beziehungen
28. bis 30.5.2018 in München

Zwei Berichte von Dietrich Hunold, Geschäftsführer VDGG e.V. und Rolf Stöckel, Vorsitzender AGIP Unna e.V.

Auf Initiative von Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Präsidentin der VDGG e. V., beim Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) fand nun Ende Mai die o. g. Konferenz in Kooperation mit dem BMFSF, der IJAB (Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e. V.), der Georg-Vollmar-Stiftung sowie der Palladion-Stiftung in der Katholischen Akademie in München statt. Diese Stellen sowie das Generalsekretariat für Jugend und lebenslanges Lernen im Ministerium für Bildung, Forschung und Religiöse Institutionen der Hellenischen Republik waren federführend für Organisation und Inhalte der Konferenz. Die VDGG wurde ebenfalls als Mit-Veranstalter aufgeführt.


1. Bericht von Dietrich Hunold, Geschäftsführer VDGG e.V.

Etwa 40 Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen, die im deutsch-griechischen Jugendaustausch aktiv sind, trafen sich zum Informations- und Erfahrungsaustausch und Diskussionen um die weitere Entwicklung der bilateralen Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen eines möglichen Deutsch-Griechischen Jugendwerks (DGJW), über das zurzeit noch zwischen beiden Ländern verhandelt wird. So nahmen Thomas Thomer, Unterabteilungsleiter im BMFSFJ, von deutscher Seite und Vassiliki Papakonstantinou, Direktorin im o. g. Generalsekretariat und die griechische Generalkonsulin in München von griechischer Seite als höherrangige Repräsentanten bzw. Repräsentantinnen an der Konferenz teil. Die VDGG war mit ihrer Präsidentin Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Geschäftsführer Dietrich Hunold, Vorstandsmitglied Jürgen Rompf und Rolf Stöckel, Vorsitzender der AGIP Unna e. V. vertreten.

Die Konferenz war thematisch in vier Blöcke eingeteilt:
– Philhellenismus und deutsch-griechische Kulturzusammenarbeit
– Deutsche Besatzung in Griechenland
– Solidarität damals und heute
– Griechen in Deutschland – Deutsche in Griechenland
(detailliertes Programm s. pdf)

In unterschiedlichen Präsentationsformen wie Podiumsdiskussionen, Interviews sowie Impuls-Vorträgen, Workshops und Exkursionen wurden historische, kulturelle, wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen und Ereignisse im bilateralen Verhältnis thematisiert. Insbesondere die Besatzungszeit der deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg und die Erinnerungsarbeit kristallisierten sich als eines der zentralen Themen für zukünftige Jugendaustausch-Aktivitäten. Mit großem Interesse verfolgten die Delegierten auch den Vortrag von VDGG-Präsidentin Sigrid Skarpelis-Sperk über die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland, ging es doch dabei um eine entscheidende Frage der Zukunft Europas. Auch nach ihrer Präsentation führte sie dazu noch viele Einzelgespräche. Generell das Thema „Krise“ und die ungewisse weitere Entwicklung schwang sowohl in einigen Workshops als auch in den Pausengesprächen immer wieder mit.

Bei der Konferenz wurden aber auch durchaus positive Ansätze für den deutsch-griechischen Jugendaustausch sichtbar. Einige „best practice“-Beispiele von Jugendkontakten im Sport- und Musikbereich oder Angebote für junge Menschen wie das Internationale Parlamentsstipendium (IPS) und ein Freiwilliges Soziales Jahr in Griechenland zeigen, wie wichtig die persönlichen Begegnungen in normalen Lebensbereichen sind, um zunächst Vorurteile abzuschaffen und Vertrauen zu gewinnen. „Zuerst kommt das Kennenlernen von Personen und Milieu, dann erst die Aufarbeitung von Geschichte“, bestätigte auch Stefan Erb, Geschäftsführer des Deutsch-Polnischen Jugendwerks, aus seinen langjährigen Erfahrungen.

Wann kommt das Deutsch-Griechische Jugendwerk? Das war die eigentliche Thematik der Konferenz – allerdings nur auf der informellen Ebene bei den persönlichen Gesprächen abseits des Programms. Nicht zuletzt hängt damit auch die Frage der Finanzierung zukünftiger Austauschaktivitäten zusammen. Herr Thomer vom BMFSFJ versuchte in seinen offiziellen Ausführungen, den Stand der Dinge positiv darzustellen und betonte, dass „gegen alle Gerüchte“ die Weiterfinanzierung des Sonderprogramms „Griechenland“ – 3 Mill. Euro – auch im Bundeshaushalt für 2019 gesichert sei. Möglicherweise gibt es in Sachen DGJW im Herbst mehr Konkretes.

Inhaltlich bot die Konferenz die ganze Spannbreite der wichtigen Themen, Entwicklungen und Problemen zwischen Deutschland und Griechenland in einem dichtgedrängten Zeitplan. Jeder Themenblock allein ergibt genügend Stoff für eine eigene Konferenz. Viele Aspekte konnten daher nicht tiefergehend behandelt werden, was für den ein oder anderen Teilnehmer vielleicht nicht ganz befriedigend war. Dennoch war die Konferenz sehr wichtig, um die Realisierung des DGJW weiterhin im Gespräch zu halten und zu fördern. Weitere Mitstreiter für diese Sache aus beiden Ländern konnten sich persönlich kennen lernen und vernetzen.

Im Schlussplenum wurde der Wunsch nach einer Folgekonferenz geäußert, vor allem mit größerer Beteiligung derjenigen, um die es eigentlich geht, nämlich den Jugendlichen selbst. Inhaltlich sollten dann auch Themen zur Persönlichkeitsbildung, Qualifizierung für das Leben z. B. zur berufl. Ausbildung, berücksichtigt werden. Angesichts der erstarkten rechtsgerichteten politischen Bewegungen in vielen Ländern Europas wurden auch Beiträge zur Prävention von Fremdenfeindlichkeit und Demokratiefeindlichkeit vorgeschlagen.

Zur weiteren Information über den Konferenz siehe auch die Berichterstattung auf der Website von „agorayouth.com“.

Dietrich Hunold, 1. Juli 2018


 

2. Bericht von Rolf Stöckel, Vorsitzender AGIP Unna e.V.

Auf Vorschlag der Präsidentin der VDGG e.V, Frau Sigrid Skarpelis-Sperk, an die damalige Bundesfamilienministerin, Frau Barley, wurde die Konferenz in Kooperation des BMFSFJ, der Georg-Vollmar-Stiftung, der Palladion-Stiftung München und des Fachinstitutes IJAB in der Katholischen Akademie München mit den Mitteln aus dem Sonderprogramm „Griechenland“ im Bundeskinder-und jugendplan durchgeführt. Die VDGG e.V. wurde als Partner in dieser Kooperation aufgeführt. Die Fahrtkosten der deutschen TeilnehmerInnen mussten diese selbst tragen.

Als Ansprechpartner, für die Vorbereitung und Moderation wurde der freie Politikberater Charalampos Karpouchtsis, Berlin beauftragt. Wesentliche Entscheidungen über Ablauf, Inhalte und Referenten der Konferenz wurden von Frau Jäckering vom BMFSFJ, Frau Petala Weber von IJAB und Frau Protopsalti, Beraterin des Generalsekretärs für Jugend und lebenslanges Lernen im griechischen Ministerium für Bildung, Forschung und Religiöse Angelegenheiten der Hellenischen Republik getroffen. Neben den Referent*innen und Institutionen waren ca. 40 Teilnehmer*innen von Jugendorganisationen und Projektpartnern eingeladen.

Als Vertreterin des Generalsekretärs führte die Direktorin im Generalsekretariat, Frau Vassiliki Papakonstantinou die griechische Delegation Die griechische Generalkonsulin in München war zeitweise anwesend. Hochrangige Vertreter*innen der Regierungen, wie Botschafter, General- bzw. Staatsekretär*innen und Repräsentanten der Stadt München waren entgegen der früheren Ankündigungen nicht an der Konferenz beteiligt.

Neben den informellen Gesprächen, Kennenlernen und Verabredungen zwischen den Teilnehmenden am Rande und im Abendprogramm der Konferenz sowie der Vorstellung einiger Projekte im Plenum und Workshops, kam aufgrund der Fülle der Themen und Vorträge sowie der sehr begrenzten Zeit für Nachfragen und Diskussionsbeiträge ein Dialog der Teilnehmenden weder im Plenum noch in den Workshops, an denen ich selbst teilgenommen habe, kaum zustande. Eine bemerkenswerte Vorstellung der „documenta Athen/Kassel 2017“, der Diskussionen über Krisenerscheinungen und politische Konsequenzen hätte provozieren können, wirkte wie ein Fremdkörper im Programm. Das gilt auch für die bemerkenswerten persönlichen Berichte über die Migrationsbedingungen und die Zeit der griechischen Militärjunta und ihre Wirkungen in Griechenland und Deutschland.

Eine kritische Diskussion des Status der Verhandlungen und Perspektiven für das Deutsch-Griechische Jugendwerk (z.B. die nach wie vor bestehenden Vorbehalte gegen die von deutscher Seite vorgeschlagene Rechtsform und Organisation eines Jugendwerks durch die griechische Regierung) wurde vermieden. Der Unterabteilungsleiter im BMFSFJ, Herr Thomas Thomer war bemüht den Stand der Verhandlungen über das Jugendwerk immer wieder positiv darzustellen und versprach „gegen alle Gerüchte, die auf der Konferenz und in der Szene bestünden, dass die Weiterfinanzierung des Sonderprogramms „Griechenland“ auch im Haushaltsentwurf des Bundes für 2019 enthalten sei“.

Dies würde allerdings m. E. bedeuten, dass die griechischen Verhandlungspartner bis August 2018 konkrete Entscheidungen treffen. Griechische Vertreter*innen der Jugendorganisationen und –initiativen trafen sich am Rande der Konferenz, um entsprechenden politischen Druck auf ihr Ministerium und die Regierung zu organisieren.

Die Themen „ Deutsch-Griechische Geschichtsaufarbeitung im Jugendaustausch“, „ Programme und Perspektiven für sozial benachteiligte und arbeitslose Jugendliche“ müssten m.E., vor allem was zukünftige Projekte und Forderungen an die bilaterale und europäische Politik angeht, intensiver entwickelt und bearbeitet werden, als es im Zeitrahmen der Konferenz möglich war. Trotz der mehr oder weniger qualifizierten Input-Vorträge dazu, blieb es meist bei Schlaglichtern. Die Geschichtsbetrachtungen blieben im Bestehenden haften, die bekannten Stereotypen nicht durchbrochen.

Zu hoffen ist, dass es im Nachgang eine Dokumentation der Konferenz, eine Bestandsaufnahme und Evaluation der bestehenden Austauschprojekte und Defizite in der Deutsch-griechischen Zusammenarbeit gibt und in Hinsicht auf die Organisation des Jugendwerks endlich „Nägel mit Köpfen“ gemacht werden, bevor es zu spät ist. Ein Scheitern würde bedeuten, dass das Sonderprogramm eingestellt würde und die Förderung des Austauschs auf den Status von 2014 zurückfallen würde.

Auf Nachfrage wurde erklärt, dass die Lieferung einer Dokumentation der Konferenz, der Vorträge und einer Auswertung an die Teilnehmenden seitens der Veranstalter nicht vorgesehen sei. Daher verweise ich auf die Berichterstattung auf der Blog-Seite „Agorgrayouth.com“ sowie die Teilnehmenden-Liste und das letztlich geltende Programm der Konferenz.

Rolf Stöckel, Unna, 05.06.2018